Qualitäts-Content ist wichtiger denn je. Deshalb vermittelt SCRIBERS[HUB] erstklassige TexterInnen, AutorInnen und JournalistInnen für jede Branche, jedes Thema, jeden Kanal. In der Interview-Reihe „Content-Buzzer“ stellt Sabine Fäth – Gründerin von SCRIBERS[HUB] – Kommunikationsprofis alle 14 Tage diese Fragen…
René Fehrmann Change Agent, Dozent, Mentor, Creative Director
Was bedeutet Content für Dich?
Spontan empfinde ich emotional neutral beim Begriff ‘Content’. Wobei, gerade jetzt, zum Jahresauftakt, wenn man aus familiär geprägten Tagen kommt, neu ausschreitet, da wird einem die Content-Beschallungs-Maschine massiver (be)greifbar, als mitten im Jahr. Insofern bin ich gerade gar nicht frei von Emotionen, eher nachdenklich. Warum?
Die Berufsbezeichnung Content-Creator tönt für mich scheinbar etwas abwertend, in Person, aber auch die Qualität des Produzierten betreffend. Um es mundgerechter zu formulieren ein kulinarisches Gleichnis, weil das zugänglich scheint, täglich konsumiert wird: Von wem würde ich appetitlicher zum Teller greifen, von einer Person, die sagt ‚ich stelle Nahrung her‘ vs ‚ich bin Köchin/Koch‘? Also ich persönlich bin bei letzterem, möchte ja nicht nur Ballaststoffe zu mir nehmen, um faktisch das Tagwerk zu bestehen, sondern lege mir gern auch wohlige Erinnerungen auf die Zunge oder die Sehnsucht nach fernen Landen. Zudem selten allein, was es als Erlebnis deutlich noch weiten kann. Aber vielleicht sollte ich nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen?! Oder doch?
Da fällt mir noch eine Anekdote ein, die ich bei Roger Willemsen hörte:
Er hat bei Bertelsmann noch zu T. Middelhoffs Zeiten einen Vortrag gehalten. Ein später eintreffender amerikanischer Medienmanager fragte, was der verpasste Vortrag denn thematisierte: Manager: ‚What was it about?‘ RW: ‚About Content‘, daraufhin der Manager: ‚And, are you for or against?‘ – Witzig, oder? Bedenklich, oder?
Diese Anekdote war zudem in eine wunderbare Rede eingebettet, in der es auch um die Mündigkeit der Konsumenten und um Unter- vs. Überforderung ging und vieles mehr. Aber das spielt hierbei gar keine Rolle, oder etwa doch?
Bei Willemsen erntete ich etwas, was mich bis heute und sicherlich auch in 2025 sprachlich antreibt: Der Wortschatz sollte so angereichert sein/werden, dass jedwede Situation inkl. Emotion präzise kommuniziert werden kann, um bei Empfänger:innen so adäquat wie möglich anzukommen. ‚You know?!‘
Was war der schlechteste Content, dem Du begegnet bist?
Wahrscheinlichkeit ist der schlechteste Content der, der an mir vorbeigeht, mich also gar nicht erreicht. Gesichtsloses Mittelmaß. Denn selbst bei den Inhalten, die extrem ‚dünn‘ auftreten, oder zu protzig den Raum versuchen einzunehmen, mit abgedroschenen oder und entliehenen Phrasen aufwarten, verschwurbelt oder beweihräuchernd – bei all dem gibt es ja auch etwas zu entdecken, gibt es (Wort)Schätze zu heben. Helfen mir diese sogar, mich selbst konträr fasziniert zu verorten?
Noch einmal anders gesagt: Unter solch Baum kann man schon einmal entdeckend verweilen und sich beschatten lassen, aber sein Haus baut man dann doch lieber unter anderen oder auf Lichtungen, die man bestmöglich nicht nur selbst entdeckt, sondern eigens schafft. Und darüber hinaus auch andere zum Ansiedeln inspirieren kann. Kultivierung also.
Wie gelingt guter Content in Zeiten von ChatGPT und Co.?
Wenn Content rein von Maschine kommt, dann birgt es (derzeit noch) Gefahr, die Autopilot:innen oder auch Maschinenführ:innen schnell zu entlarven, erst recht wenn man anschließend ins Gespräch geht. Die Maschinenstürmer fallen mir dazu auch ein. Warum sind sie noch einmal losgegangen, welche Gefahr bzw. bereits die Folgen sahen sie? Aber das lenkt auf eine zu kritische Spur, die der Frage bzgl. KI nicht gerecht wird. Wie ist sie Erfüllungsgehilfin von gutem Content, ist ja die Frage. Nun, genau bei dem Schlagwort Erfüllungsgehilfin frage ich mich, wer ist das, und auf welcher Seite des Schirms sitzt wer? Ganz sicher hat KI hilfreiche Facetten, in vorbereitender Analyse, Strategie und Struktur, auch kreatives Sprungbrett auf dem man wippen kann, nur der Sprung sollte selbst absolviert werden. Mir scheint, dass hingegen heute bereits ein ‚nur noch mal drüber lesen‘ zu sprunghaft praktiziert wird. Ob dem Zeitgeist geschuldet, oder dem vermeintlich niedrigen Anspruch der adressierten Klientel. Das dritte Auge schaut auf die Quantität, was im Ergebnis meist eine weniger akzeptable Halbwertszeit birgt. Hier streiten sich die Geister mit denen, die noch welche werden wollen, und letztere kommen damit vermeintlich schneller ans Ziel. Ob das geistreich gelingt? Nachhaltig ist? Auch hier der Schwenk zum Soulfood: Vertraut man ‚ehrlichem‘ Handwerk, welches im Ergebnis die Sinne begeistert, oder setzt man auf den ‚innovativen‘ ThermoMax-imal, um automatisiert und schneller abzufüttern?
Content ist immer …
… eine Möglichkeit, etwas zu erfahren, etwas zu lernen. Ob über die Welt, inkl. der Menschen, denen von gegenüber oder über mich selbst. Er ist ein initiales Angebot für eine mögliche und fruchtbarere direkte Kommunikation, in welche ich eintreten möchte, weil die Neugier geweckt ist und bestmöglich Inspiration zur Folge hat. Das kann kantig sein oder auch verträumt, und ist zudem auch je nach Situation unterschiedlich. Damit kann Content Schlussstein sein für trennende Mauern, aber auch wichtiger Baustein für verbindende Brücken, bestmöglich sogar Grundstein für (gem)einsame Denkräume. In jedem Fall: Content sollte ‘merk-Würdig’ sein, in Erinnerung bleiben. In uns, als Teil der Kultur, die wir selbstverständlich auch weitergeben können, ob als Fakt, eingereiht in eine Grimmsche Sammlung, oder für 2025 etwas aufgefrischt angedichtet. Auf das wir gehaltvoll(er) mit der Information umgehen werden!