Gastbeitrag von SCRIBERS[HUB] Autorin und Podcasterin Svenja Hirsch
Ghostwriting – alleine der Begriff reicht schon für eine Gänsehaut. Gibt man ihn in der Suchmaschine ein, bekommt man zuerst den Vorschlag „Ghostwriting erwischt“ und muss unwillkürlich an Karl-Theodor zu Guttenberg denken. Aber warum hat Ghostwriting so ein schlechtes Image, dass selbst Google gegen diese Dienstleistung basht?
Das liegt an Erfahrungen wie die einer Kundin von mir: Sie war auf der Suche nach einer*m Ghostwriter*in und stolperte über eine dieser Agenturen, die Ghostwriting wie Lohnarbeit anbieten. Am Telefon wurde sie abgefrühstückt, man war kurz angebunden, hatte nicht wirklich Interesse an ihrem Thema, nur an dem Auftrag. Ziemlich daneben, wenn es bei dem Buch um etwas sehr Nahes geht, wie die eigene Geschichte oder das eigene Business. Entsprechend fühlte sie sich überhaupt nicht wohl damit.
Das ist nicht das erste Mal, dass Ghostwriting für Negativschlagzeilen sorgt. Es hat durchaus einen Grund, weshalb auch Dr. Google zuerst die schlechte Seite sieht. Gerechtfertigt ist das allerdings nicht. Gerade sorgt die Pandemie dafür, dass Ghostwriting häufiger angefragt wird als zuvor. Vielleicht weil wir wieder mehr lesen? Oder weil wir endlich mehr Zeit haben, um uns um ein eigenes Buch zu kümmern?
Das Marketinginstrument schlechthin
Vielleicht passiert das auch einfach deswegen, weil bei uns endlich ankommt, was auf dem amerikanischen Markt schon Usus ist: ein Buch veröffentlichen fürs eigene Personal Branding gehört dort als Unternehmer*in quasi zum guten Ton. Warum? Weil ein Buch das beste Marketinginstrument überhaupt ist. Es unterstreicht den Expert*innenstatus und man hat die Chance, breitgefächert Menschen zu erreichen – wenn man es richtig macht! Denn mit ‚Erreichen‘ meine ich, Leser*innen wirklich zu berühren und dadurch erinnert zu werden.
Denn ein Buch kann kann nicht auf großen Plattformen präsentiert werden, funktioniert online wie als Print: Es bietet außerdem den Platz für all die eigene Expertise, vor allem aber persönliche Erfahrungen und Geschichten. Klingt vielleicht komisch, aber genau diese sind es, die Leser*innen im Gedächtnis bleiben. Gerade durch diesen persönlichen Fokus nehmen Interessent*innen ein Buch weniger als Marketing wahr, und mehr als ein Produkt, das ihnen etwas gibt wie Wissen oder Inspiration. Sie nehmen es gerne mit, stellen es sich ins Regal. Stell dir mal vor: Du bist bei deinen Kund*innen zuhause, ohne etwas dafür tun zu müssen. Du bist somit präsent, ohne körperlich anwesend zu sein: auf einer Vielzahl von Plattformen bis ins Wohnzimmer fremder Leute.
Ghostwriting – das Beste, was einer Unternehmer*in passieren kann
Ghostwriting erleichtert allen, die ihre Buch schreiben wollen, den Weg dorthin. Der Prozess ist leichter, wenn man nicht alleine ist. Außerdem muss man nicht zwangsläufig schreiben, sondern vor allem erzählen können – und das kann jede*r!
Für mich ist ein Buch zu schreiben oder schreiben zu lassen ein emotionaler und spannender Prozess: die Autorin oder Auftraggeberin durchlebt und umreißt klar die eigene Message, ihre Mission und die Geschichte, die dahinter liegt. Persönliches Wachstum inbegriffen! Das bringt viel mehr Tiefe als zum Beispiel in Texten auf einer Webseite.
Ich habe lange überlegt, ob es einen Begriff gibt, der das fassen kann und nenne mich mittlerweile Co-Autorin. Im Prinzip mache ich das, was ein*e richtig gute*r Ghostwriter*in tun sollte: Ich schreibe meinen Kundinnen ihr Buch auf Augenhöhe. Ich erarbeite das Konzept und die Geschichte gemeinsam mit meinen Kundinnen und bin die ganze Zeit mit ihnen im Gespräch. In diesen Gesprächen entsteht die Grundlage für das, was ich schreibe.
Qualität statt Grabbelkiste
Ich habe schon immer unglaublich gerne Geschichten gehört und gelesen, vor allem die echten. Lange Zeit habe ich diese vor allem redaktionell geschrieben, in Form von Portraits zum Beispiel. Aber Bücher erschaffen Welten und bringen uns einen Menschen wirklich nahe. Auch in Form meines Genres, den biografischen Ratgebern und Biografien. Sie erzählen das, was man sich sonst nicht gleich traut zu fragen. Wer Menschen wirklich erreichen möchte, schreibt genau so ein Buch! Das zu tun, ist intensiv und wunderschön. Genau deswegen hat diese Arbeit viel mit Vertrauen und Zeit zu tun. Zumindest, wenn man vorhat, dass es ein gutes Buch wird und kein Grabbelkisten- Werk.
Insofern braucht der sehr gut geklickte Ghostwriting-Begriff definitiv ein Make-Over. Denn letztlich schafft diese Dienstleistung die Möglichkeit, dass alle Menschen, – ob mit oder ohne Schreibtalent, mit oder ohne viel Zeit – ihre Bücher veröffentlichen können. Mehr Wertschätzung insgesamt täte für so eine Aufgabe doch ganz gut, oder? Dann hat vielleicht auch die Suchmaschine beim nächsten Mal Vorschläge wie „Ghostwriting Gamechanger“ in petto.
Fotocredit: Giovanni Mafrici